Erkenntnis und Aufbruch

… eines Tages wachte ich in der Früh auf und ich wusste genau, dass ich mein Leben radikal verändern werde. Lange schon hatte ich mit mir gerungen, ob mein Job als Partnerin in einer Professional Services Firm die letzte Station für mich war. All die Gedanken darüber, dass ich meine Aufgaben, die spannenden Projekte und mein Team liebte, gleichzeitig kämpfte ich mit Sinnfragen und fragte mich, ob das mit 40 Jahren erreichte mein Lebensziel war? Immer wieder war ich damit konfrontiert als Führungskraft wachsen zu wollen und einige Zeit konnte ich das gut integrieren. Doch dann kam ich an den Punkt, an dem die Zugeständnisse an ein high-performance Leben zu groß wurden. Ich fühlte mich wie eine Maschine, die auf der höchsten Stufe läuft und immer wieder mussten Ersatzteile herbeigeschafft werden, damit die Maschine ohne Zwischenfälle weiterlaufen kann. Aber zu welchen Kosten? Ich vermisste das Lebendige, die Verbundenheit mit der Natur und ihren Verläufen und die Fähigkeit, mich empathisch auf meine Umwelt einlassen zu können. Denn dafür ist Energie nötig, innere Ressourcen und Zeit. Zeit für Reflexion und das bewusste Wahrnehmen von anderen Menschen. Die Möglichkeit, achtsam auf Anderer Bedürfnisse einzugehen und mein Tun nicht gänzlich den Gesetzen der Effizienz und Effektivität zu unterwerfen.

Lebendigkeit und Verbundenheit

Die Erkenntnis war simpel, ich wollte ein besserer Mensch werden, eine Version von mir selbst mit mehr Lebendigkeit und Verbundenheit. Und das konnte ich mir mit dem Geld, das ich verdiente nicht kaufen. Wie würde ich als 70-jährige auf mein Leben zurückblicken? Der Gedanke hat mich erschreckt. Ich war nach den Regeln unserer Leistungsgesellschaft eine erfolgreiche Geschäftsfrau, für alles andere hatte ich zu wenig Zeit. Role Model in unserer männerdominierten Businesswelt zu sein, die Talente und Frauen in ihren Karrieren fördert, war nicht mehr ausreichend. Ich wollte mehr und ich wollte anderes. Ich gab mir die Chance, mich auf Unbekanntes und Neues einzulassen ohne zu wissen, wo es mich hinführen würde. Es wurde natürlich eine lange Reise mit sich ändernden Zielen. Ehrlich gesagt, es ist nicht immer einfach, aber nichts davon möchte ich missen.

Mit liebevollem und kritischem Blick

Manchmal sind es die kleinen Veränderungen in unserem Leben, die dann zu einer großen Transformation führen. Bei anderen gibt es den big bang und am nächsten Tag ist alles anders. Oft können wir uns das nicht aussuchen, weil wir auch unseren äußeren Umständen und Ereignissen unterworfen sind, die nicht alleine in unseren Händen liegen. Ungeachtet dessen, können wir immer wieder in unserem Leben innehalten und uns die Chance geben, mit liebendem aber kritischem Blick darauf zu schauen. Das geht nicht immer, denn dafür muss es zumindest einen Möglichkeitsraum geben, muss der Gedanke erlaubt sein, dass etwas in Frage gestellt werden darf. Und es gibt Phasen, in denen wir das nicht können, weil wir uns äußeren Zwängen oder inneren Unsicherheiten und Ängsten ausgesetzt sehen, die wir in dem Moment nicht bewältigen können. Das ist völlig normal und auch ohne Schuldgedanken oder Scham einfach richtig.

Innerer Kompass

Schließlich sind wir in einer männerdominierten, kapitalisierten Welt ständig mit Ungleichheiten und überwältigenden Aufgaben als Frauen und Männer konfrontiert. Die strukturelle Benachteiligung von Frauen wirkt sich in einer ständigen Überforderung mit familiären, beruflichen und privaten Verpflichtungen aus, die wenig Spielraum für Kreativität und die Öffnung für Neues lässt. Gesellschaftliche Maßstäbe und Normen setzen uns Verurteilungen und dem ständigen Ungenügend-Sein aus. Sehr oft sind es daher neben den Ängsten auch der eigene Perfektionismus, der uns davon abhält, den inneren Kompass in unserem Leben neu auszurichten und etwas zu verändern. Die gute Nachricht ist, dass wir etwas dagegen tun können!

Allerdings wann ist der richtige Zeitpunkt – der Zeitpunkt um innezuhalten und zuzulassen, dass etwas anders werden darf? Das können oft kleine Dinge im Alltag sein, wie ein beruflicher Rollenwechsel, andere Essensgewohnheiten, Ruhezeiten, ein Jobwechsel oder Abmachungen in der Familie. Manchmal braucht es aber die Ruhe und den Raum, sich aufzumachen und herauszufinden, was für mich der richtige Weg oder der nächste Schritt ist. Und manchmal braucht es dafür an gewissen Stellen Unterstützung, damit ich Ängste überwinden und meine Entscheidungen mit ganzem Herzen treffen kann.

Woman in Transition – Discovery Call

Katja in Dashte Lut